DAS IST ERIN MAW

Aus einer Kleinstadt der Südinsel Neuseelands wurde Erin zur Presenterin, zum Fitnessmodel, zur Choreografin und International Trainerin – Von dieser Karriere im Bereich Gruppenfitness träumen wohl die meisten von uns. Wir haben uns mit ihr unterhalten und sie gefragt, wie sie es schafft, so großartig zu sein.

Sarah Shortt:

Hi Erin! Du arbeitest im Bereich Marketing bei Les Mills International. Wie sieht bei dir ein typischer Arbeitstag im Büro aus?

Erin Maw:

Ich beginne zwischen 8 und 9 Uhr mit der Arbeit. Mein Job ist in zwei Bereiche aufgeteilt: Gruppenfitness und Marketing. Im Bereich Marketing arbeite ich im „Les Mills Partnership Team“ und kümmere mich etwa um die Zusammenarbeit mit Reebok. Der andere Bereich ist meine kreative Arbeit für LES MILLS GRIT und unsere neuen Workouts CONQUER und CEREMONY. Hier gibt es immer etwas zu tun: die Organisation der Musik, die Entwicklung der Workouts oder die Suche nach neuen Übungen und Moves.

Du kommst von der Südinsel Neuseelands und bist vor ein paar Jahren nach Auckland gezogen. Wie war es, neue Freunde in Auckland zu finden?

Glücklicherweise habe ich über das Fitnessstudio schnell viele Leute kennengelernt. Doch außerhalb des Studios habe ich kaum Freunde. Das liegt hauptsächlich daran, dass ich so beschäftigt bin, dass ich außerhalb von Arbeit und Training kaum Menschen treffe.

Triffst du dich oft mit anderen Les Mills Instruktoren?

Rach [Newsham] und ich leben im selben Stadtteil, darum sehen wir uns ziemlich oft. Oft stehe ich am Samstagabend mit einer Flasche Wein, in Ugg Boots, Schlafanzug und Cardigan vor ihrer Tür. Ich sage immer, ich sei der Partyservice von nebenan – ich brauche zu Fuß wirklich nicht einmal eine halbe Minute zu ihr. Rach ist meine Samstagabend-Anlaufstelle. Ich weiß allerdings noch nicht, wie es weitergehen soll, wenn Vikings vorbei ist! Haha.

Du bist eher ein etwas introvertierter Mensch. Wie gehst du damit bei großen internationalen Events oder Videodrehs um?

Es ist für mich eine echte Herausforderung, unter vielen Menschen zu sein. Für mich ist das keineswegs etwas Selbstverständliches. Als introvertierter Mensch muss ich mich immer wieder daran erinnern, zu lächeln, Menschen zu umarmen oder ihnen Fragen zu stellen. Wenn ich diese Dinge nicht tue, dann nicht, weil ich unfreundlich, sondern wirklich schüchtern bin. Ich stehe nicht gern im Mittelpunkt. Oft sitze ich da, überlasse anderen das Sprechen und halte mich zurück.

Auf der Bühne ist das etwas völlig anderes. Dort verwandle ich mich in das, was Beyoncé ihre „Sasha Fierce“ nennt – mein Alter Ego. Ich bin immer noch ich selbst, aber eine bessere Version davon. Sobald ich die Bühne verlasse werde ich wieder zu Erin. Viele Performer leiden unter diesem Wechsel aus Introvertiertheit und Extrovertiertheit, aber so hat nunmal jeder seine Ängste und Sorgen.

Als introvertierter Mensch muss ich mich immer wieder daran erinnern, zu lächeln, Menschen zu umarmen oder ihnen Fragen zu stellen. Wenn ich diese Dinge nicht tue, dann nicht, weil ich unfreundlich, sondern wirklich schüchtern bin.

Welche Ängste hast du?

Dass Menschen mich nicht mögen könnten. Sie mögen vielleicht die Erin von der Bühne, aber nicht die andere.

Aus diesem Grund fiel es mir lange schwer, zu neuen Menschen eine Bindung aufzubauen. In der Vergangenheit saß ich oft allein da und konnte mich anderen Menschen nicht öffnen. Doch je älter ich wurde und je länger ich bei Les Mills war, wurde mir bewusst, wie wichtig, diese Bindungen sind.

Man muss auch mal aus sich herausgehen. Wir sprechen so oft darüber, mutig zu sein und unsere Komfortzone zu verlassen. Auf neue Menschen zuzugehen ist meine Art, das zu tun. Auf der Bühne zu performen fällt mir dagegen gar nicht schwer. Du könntest Musik anmachen und mir sagen, dass ich in fünf Minuten unterrichten soll und ich hätte absolut kein Problem damit. Wenn du mir allerdings sagen würdest, dass ich danach einen 10-minütigen Vortrag zum Thema Leadership halten und persönliche Fragen beantworten soll, dann würde mir erstmal das Herz in die Hose rutschen.

Doch ich arbeite daran und muss mir immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass es egal ist, was andere über mich denken – es geht darum, was sich in meinem Kopf abspielt.

Was tust du gegen deine Ängste?

Jackie Mills hat mir einmal das Buch Wie man Freunde gewinnt gegeben und es hat mir sehr geholfen. Es geht im Grunde darum, Menschen persönliche Fragen zu stellen. Und wenn ich das tue – wenn ich Interesse zeige – dann bekomme ich in der Regel ein Lächeln und eine positive Reaktion zurück. Wir mögen von Natur aus Menschen, die Interesse an uns zeigen. Als ich das verstanden hatte, wurde mir klar, dass es so einfach ist und begann, anderen Menschen Fragen zu stellen.

Das klappt schon eine ganze Weile. Als ich damit begann versuchte ich allerdings, es jedem recht zu machen und so zu sein, wie ich dachte sein zu müssen. Doch eigentlich muss ich nur ich selbst sein. Das musste ich mir bewusst machen und es akzeptieren.

Was treibt dich an?

Das hat sich mit den Jahren geändert.

Als ich Schauspielstudentin war ging es mir zu 100 Prozent darum, auf der Bühne zu performen. Ich habe mein Leben auf der Bühne verbracht: als Musical-Darstellerin, bei Gymnastik-Wettbewerben, Aerobic, usw. Ich stand mein Leben lang im Rampenlicht. Darum fühle ich mich ganz selbstverständlich davon angezogen.

Doch über die Jahre bin ich fitter geworden und meine Rolle im Unternehmen hat sich verändert und weiterentwickelt. Mir wurde bewusst, dass ich für viele ein Vorbild bin, vor allem für Frauen. Viele Frauen sind von meiner körperlichen Fitness und meinen Coaching-Fähigkeiten inspiriert, sehen zu mir auf, respektieren mich und nehmen mein Äußeres zum Vorbild. Das bedeutet mir sehr viel. Und das ist es, was mich antreibt: Ich möchte ein gutes Vorbild sein und Menschen inspirieren. Auch Männern, aber besonders Frauen, möchte ich zeigen, dass man als Frau genauso stark, fit und tough sein kann wie ein Mann. Im Bereich Fitness gibt es für mich keine Geschlechterstereotypen.

Wenn du deine Mitglieder wirklich inspirieren willst, dann sollte es dein Ziel sein, die Fitteste im Raum zu sein

Deine Mutter hat dich bisher noch nicht live bei einem Videodreh erlebt, richtig?

Ja, das ist richtig.

Der Lebensgefährte meiner Mutter, Gordon, hat MS und ist aufgrund dessen erblindet. Er ist dadurch inzwischen sehr abhängig von meiner Mutter und sie lässt ihn ungern länger allein, was ich herzzerreißend finde. Sie ist der fürsorglichste Mensch, den ich kenne. Meine Mutter kümmert sich gerne um andere Menschen und gibt sehr viel.

Sie ist aus Invercargill, einer Kleinstadt auf der Südinsel Neuseelands mit rund 50.000 Einwohnern. Als ich nach Auckland zog, war sie etwas überfordert mit dem Verkehrschaos. Darum bin ich mir nicht sicher, wie sie in der Großstadt zurechtkäme.

Aber es wäre natürlich schön, wenn sie mich mal live erleben würde. Meine Mutter war übrigens selbst mal Aerobic-Trainerin, darum versteht sie, was ich tue. Sie hat auch Kurse im Gold’s Gym unterrichtet und an Anfänger-Triathlons teilgenommen. Sie war eine echte Powerfrau!

In der Fitnessbranche kann ein extremer Konkurrenzdruck herrschen. Wie gehst du damit um?

Ich mag es. Mir gefällt es, in einem Wettbewerbsumfeld zu sein, denn das hatte ich schon mein Leben lang. Nur so kann ich über mich selbst hinauswachsen. Bereits mit vier Jahren habe ich an Gymnastikwettbewerben teilgenommen. Ich mag die leistungsorientierte Atmosphäre in Fitnessstudios und dass jeder dazu ermutigt wird, sich weiterzuentwickeln. Ich möchte immer besser werden und ermutige andere Instruktoren, ebenfalls danach zu streben.

Wenn mir jemand negatives Feedback zu einem Move oder einem Song gibt, dann merke ich mir das und mache es in Zukunft anders. Doch es tut auch ein bisschen weh, weil mir das Programm sehr nahe geht.

Was ist dein bester Tipp für LES MILLS GRIT Instruktoren?

Wenn du deine Mitglieder wirklich inspirieren willst, dann sollte es dein Ziel sein, die Fitteste und kompetenteste im Raum zu sein. Und du musst deinen Teilnehmern zeigen, dass sie dir wichtig sind.

GRIT ist ein HIIT-Workout. Wenn du also ernst genommen werden möchtest, dann musst du wissen, wovon du sprichst. Ist dir bewusst, worauf diese Trainingsform basiert? Hast du dir die Zeit genommen, dich zu belesen, damit du nicht nur athletisch aussiehst, sondern Menschen auch mit deinen Worten inspirierst? GRIT ist ein anspruchsvolles Workout. Du willst Menschen mit deiner Fitness inspirieren, aber ebenso mit deinen Worten.

Okay, das waren drei Tipps ...

Wie können sich Instruktoren am besten weiterentwickeln? Hast du einen Tipp?

Das kommt darauf an, welches Ziel du verfolgst.

Ich persönlich möchte einfach immer fitter werden und mich weiterentwickeln. Was Fitness anbelangt gibt es keine Ziellinie. Du kannst immer noch mehr aus dir herausholen. Du musst nur den Aufwand und die Zeit investieren. Wenn es dir ernst ist und du es wirklich willst, dann wirst du auch alles tun, was nötig ist. Du investierst den Schweiß und die Zeit und du beweist Selbstdisziplin – auch an Tagen, an denen du keine Lust hast.

Wenn du deinen aktuellen Job nicht hättest, welcher Arbeit würdest du nachgehen?

Ich wäre professionelle Schauspielerin, denn ich habe Schauspielerei an der Universität studiert. Oh ja. Ich wäre nach L. A. gegangen und hätte versucht, dort Karriere zu machen. So ist es tatsächlich.

Welchen Ratschlag würdest du der 16-jährigen Erin geben?

Man hört so oft, dass alles aus einem bestimmten Grund und zur richtigen Zeit passiert. Und das trifft absolut zu. Wenn ich zurückblicke, dann gibt es einige Chancen, die ich gerne genutzt hätte, doch war ich damals einfach noch nicht bereit dafür. Und dadurch, dass ich sie damals nicht nutzen konnte, konnte ich sie später nutzen, als ich erfahrener und erwachsener war, und daher auch mehr daraus machen. Ich würde mir also raten, Geduld zu haben und mich nicht an Chancen klammern, die nicht in dem Moment kommen, in dem ich sie mir wünsche. Ich würde mir raten, hart zu arbeiten, meine Fähigkeiten zu perfektionieren, positiv zu bleiben und darauf zu vertrauen, dass alles so passiert, wie es passieren soll. Ach ja, und mehr zu lesen! Meine Rechtschreibung ist grauenhaft ...

Hast du lustige Anekdoten von Videodrehs, die du mit uns teilen möchtest?

Nein, habe ich nicht! Haha, sorry – aber keine Insider-Stories. Natürlich gibt es die Klassiker, wie Mikrofonüberzüge, die durch die Gegend fliegen, Versprecher, ausgefallene Mikrofone oder auch Ben Main, der dabei erwischt wurde, wie er aus der Flasche eines anderen Instruktors trank ... Ich checke jedenfalls regelmäßig mein Outfit, um peinliche Pannen zu vermeiden.

Was motiviert dich im Bereich Training?

Ich tue das, was mir Spaß macht – Workouts, die mich begeistern. Für Personen, die Motivation brauchen, habe ich einen Rat: Such dir ein Workout, das dir Spaß macht. Ich mache keine Workouts, die mir keinen Spaß machen. Laufen hat mir am Anfang zwar keinen Spaß gemacht, aber ich wusste, dass es zu meiner Fitness beitragen würde [Erin trainiert aktuell für einen Halbmarathon]. Und das hat mich motiviert. Inzwischen macht mir Laufen wirklich Spaß. Es hat ein gutes Jahr gedauert, aber jetzt habe ich Freude daran.

Du bist in einer Position, wo du über die sozialen Netzwerke viel Rückmeldung bekommst – zur GRIT Choreografie, zu deinem Unterrichtsstil, zu deinem Aussehen ... Wie gehst du mit negativem Feedback um?

Überhaupt nicht gut! Ich nehme es mir sehr zu Herzen, allerdings antworte ich nicht direkt auf Kommentare. Ich spreche erst mit jemandem darüber, wie dir oder Sophie [Hall, Product Manager Partnerships, bei LMI], mit Menschen, denen ich vertraue – das ist meine Art mit Dingen umzugehen, die mich verletzen. So kann ich es erstmal verdauen, bevor ich Dinge schreibe, die ich später bereue, indem ich direkt auf Feedback antworte. Ich spreche darüber und meine Freunde helfen mir dabei, die Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu sehen und machen mir bewusst, dass diese Person ihre Gründe hatte, diesen Kommentar zu hinterlassen. Das hilft mir, eine Antwort zu formulieren oder einfach zu akzeptieren, warum dieser Kommentar entstanden ist.

Oft ist das Feedback aber auch konstruktiv und ich behalte es im Hinterkopf, um es beim nächsten LES MILLS GRIT Release umzusetzen. Wenn mir jemand negatives Feedback zu einem Move oder einem Song gibt, dann merke ich mir das und mache es in Zukunft anders. Doch es tut auch ein bisschen weh, weil mir das Programm sehr nahegeht. Ich nehme solche Dinge zu persönlich und daran versuche ich, zu arbeiten.

Wenn du so viel Zeit und Leidenschaft in etwas streckst, dann ist es schwer, Feedback nicht persönlich zu nehmen, aber natürlich kann nicht immer jeder alles gut finden, was du tust. Doch natürlich hofft man, dass es den Leuten gefällt! Du steckst nicht so viel Liebe hinein, um dann darüber nachzudenken, wem es nicht gefallen könnte. Ich möchte etwas erschaffen, was die Menschen lieben und was sie begeistert. Wenn ich dann ein negatives Feedback erhalte, dann ist das natürlich nicht schön. Ich muss dann erstmal tief durchatmen und versuchen, es aus der Perspektive der anderen Person zu sehen und mir zu sagen ‚Okay, die Person wird schon ihre Gründe haben.‘

Erin Maw (Neuseeland) ist LES MILLS GRIT, BODYCOMBAT, BODYJAM, LES MILLS BARRE und LES MILLS TONE Trainer/Presenter, CXWORX Presenter/Instruktorin und BODYPUMP Instruktorin. Sie ist außerdem Marketing Coordinator bei Les Mills International in Auckland und Les Mills Ambassador/Botschafterin für LES MILLS GRIT, BODYCOMBAT und BODYJAM. Folge Erin @erinmaw