WIE WIRD SICH KI AUF DIE FITNESSBRANCHE AUSWIRKEN?

Für manche stellt KI eine exponentielle, globale Bedrohung dar. Für andere ist sie eine treibende Kraft für positive Veränderungen, die unsere Arbeitsweise, unser Freizeitverhalten und unser Leben umkrempelt. Amber Taylor, Chief Digital Product Officer bei Les Mills, spricht darüber, wie KI unsere menschlich orientierte Branche beeinflussen könnte.

KI sorgt mittlerweile täglich für Schlagzeilen. Erst heute Morgen habe ich ein Video von zwei KI-gesteuerten Robotern gesehen, die das Geschirr mit einem „gemeinsamen Verstand“ wegräumen (ich melde mich schon mal an!) Während wir uns keine Sorgen machen sollten, dass bald humanoide Roboter BODYPUMP unterrichten, wird fast jede Branche – auch unsere – nicht von den Veränderungen verschont bleiben, die KI mit sich bringt.

Um mehr zu erfahren, habe ich mich mit Amber Taylor, Chief Digital Product Officer bei Les Mills, unterhalten. Mit über 20 Jahren Erfahrung im internationalen E-Commerce bei Unternehmen wie Amazon und Nike war ich gespannt, ihre Meinung darüber zu hören, wie KI die Fitnessbranche verändert.

Jon: Wie macht sich KI in unserer Branche bemerkbar?

Amber: KI kommt im Fitnessbereich auf vielfältige Weise zum Einsatz. Das reicht von biometrischen Daten, die Empfehlungen geben, was die Menschen zu Hause oder in einem Kurs tun sollten, bis hin zu DNA- und Bluttests für maßgeschneiderte Fitnesspläne.

Jon: Gruppenfitness ist sehr menschenzentriert. Besteht die Gefahr, dass die KI einen Teil des menschlichen Elements verdrängt?

Amber: Das ist nicht ganz einfach zu beantworten… Aber ich denke, wir haben eine riesige Chance, KI so einzusetzen, dass sie das Menschliche unterstützt und verbessert. Wenn wir uns größere Veränderungen anschauen – wie die Einführung von Cloud Computing oder Smartphones – gab es immer Ängste und gleichzeitig neue Chancen.

Es liegt an uns, die Chancen zu ergreifen und das zu schaffen, was den Menschen wirklich hilft. Wenn wir nicht neugierig sind, was wir tun können, um uns ständig zu verbessern, verpassen wir was. Trotzdem glaube ich nicht, dass Maschinen den Menschen ersetzen können, vor allem nicht im Gruppentraining – Menschen brauchen einfach andere Menschen. Das ist heute wichtiger denn je.

Das Schöne am Gruppenfitness ist ja, dass es eine Gruppe ist. Menschen sehnen sich nach Gemeinschaft und funktionieren besser, wenn sie sie haben. Dieser Aspekt sollte nicht verloren gehen.

Aber es gibt einige Dinge, bei denen KI uns helfen könnte. Beispiel Teilnehmerzahlen: Also, automatisch zählen, wie viele Leute bei einem Kurs dabei sind, mit Technologien wie Computer Vision, Hilfe bei der Vorbereitung von Instruktor*innen mit empfohlenen Playlists, später vielleicht auch bei der Überprüfung der Technik zur Sicherheit, oder bei der Anerkennung von Teilnehmer*innen (wie wenn jemand seinen 10. oder 100. Kurs – live oder digital – macht und man ihm ein Lob ausrichtet). Auch den Kursplan basierend auf der Zahl der Teilnehmer*innen und den aktuellen Trends zu bestimmten Zeiten zu erstellen, das könnten alles Dinge sein, die KI uns abnehmen kann. Und noch vieles mehr.

Jon: Hat Les Mills schon mit KI experimentiert und wenn ja, wie?

Amber: Ja, in ein paar Bereichen. Intern nutzen wir KI, um unsere technischen Kapazitäten zu erweitern und uns bei der Programmierung zu unterstützen zu lassen. Wir nutzen KI auch, um unsere Kundendienstanfragen nach Trends zu filtern, damit wir die Dinge im Vorfeld schneller lösen können. Auch im Bereich Übersetzung und Synchronisation entdecken wir gerade die Möglichkeiten von künstlicher Intelligenz. In der LM+ App nutzen wir KI für personalisierte Empfehlungen, basierend auf dem, was User uns in ihrer Umfrage gesagt haben, und auf ihrem Verhalten – also darauf, was sie tatsächlich tun.

Bei Les Mills geht es uns darum, die besten Möglichkeiten zu finden, um Menschen den Einstieg in Fitness zu erleichtern und sie dafür zu begeistern. Dazu setzen wir auf KI-empfohlene Inhalte und Gamification, wobei die Sicherheit natürlich immer an erster Stelle steht.

Wir haben KI auch für ein besonders Projekt ausprobiert: Wir haben eine Reihe von Modulen namens „Mindful Movement“ entwickelt, bei denen die User mit Hilfe einer virtuellen Kugel Atemübungen zur Entspannung machen können. In den Tests haben wir festgestellt, dass das die Herzfrequenz sichtbar senkt.

Jedes unserer Programme basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Das Tolle daran: Wenn wir KI für Empfehlungen einsetzen, basieren sie auf sicheren Inhalten, die wirklich funktionieren.

Ich glaube nicht, dass Maschinen Menschen ersetzen können, vor allem nicht im Bereich Gruppenfitness – Menschen brauchen Menschen. Und zwar mehr denn je.


Jon: Was hast du bis jetzt gelernt?

Amber: KI wird immer leistungsfähiger, aber sie ist nach wie vor nur ein Werkzeug. Übersetzungen sind zum Beispiel oft zeitaufwendig und teuer. Deshalb haben wir KI-Automatisierung ausprobiert, um den Prozess einfacher und effizienter zu machen. KI kann jedoch Fehler machen, weshalb menschliches Eingreifen entscheidend ist. Einmal hat die KI zum Beispiel das Wort 'arms' versehentlich als 'Waffen' übersetzt, statt als 'Arme' – ups! (Der Fehler liegt darin, dass 'arms' im Englischen mehrere Bedeutungen hat, und die KI hier den falschen Kontext angenommen hat.) Deshalb müssen Menschen den KI-Output prüfen und entsprechend korrigieren.

Ein weiterer wichtiger Punkt: KI-Modelle müssen mit vielfältigen und hochwertigen Daten trainiert werden. Einige Unternehmen hatten große Probleme, weil ihre Trainingsdaten voreingenommen waren. Ein bekanntes Beispiel (das ich nicht namentlich nennen werde) betraf ein KI-gestütztes Kreditkartensystem, das hauptsächlich mit Finanzdaten von Männern trainiert wurde – mit dem Ergebnis, dass Frauen ungerechterweise keinen Kredit bekamen. Ein echtes Problem.

Wir können aus solchen Fehlern lernen, indem wir sicherstellen, dass KI mit diversen Datensätzen arbeitet und faire, präzise Ergebnisse liefert.

Ich glaube, KI bietet uns eine großartige Chance, das Menschliche zu unterstützen und noch stärker in den Mittelpunkt zu rücken.


Jon
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Wie könnte KI uns als Instruktor*innen in Zukunft helfen?

Amber: Ich kann keine konkreten Details zu unseren KI-Entwicklungen verraten, aber wir arbeiten ständig an Tools, die Instruktor*innen den Alltag erleichtern. Ein möglicher Bereich ist der Einsatz von KI, um das Lernen von Choreografien zu beschleunigen und zu optimieren. Die KI könnte automatisch Schlüssel-Moves in Les Mills Masterclass-Videos erkennen und komplexe Abläufe in kleinere, leichter wiederholbare Teile aufteilen.

Auch im Bereich Bilderkennung gibt es aufregende Fortschritte. Webcams oder Handykameras könnten in Zukunft direkt Feedback zu Haltung, Tempo und Präzision geben, während du dir ein Release-Video ansiehst.

Wie wir schon besprochen haben, ist Gruppenfitness ein zutiefst menschlicher Bereich. Alle Instruktor*innen sind einzigartig und bringen ihre Einzigartigkeit in die Classes. KI darf das niemals verwässern. Wenn es jedoch Möglichkeiten gibt, die es Instruktor*innen ermöglichen, sich auf das zu konzentrieren, was sie am besten können, werden wir diese immer in Betracht ziehen.