KANN DIE RICHTIGE ATMUNG WIRKLICH DIE KÖRPERMITTE STÄRKEN?

Du willst das Maximum aus deiner nächsten Pilates-Einheit herausholen? Lerne, wie du auf die Pilates-Art atmest – für Stärke, innere Ruhe und kontrollierte Bewegung.

Pilates wirkt Wunder, wenn es darum geht, eine starke Körpermitte aufzubauen und innere Ruhe zu erlangen. Das liegt zum großen Teil an der Konzentration auf die Atmung.

Die verschiedenen Arten zu atmen

Wusstest du, dass wir jeden Tag etwa 22.000 Mal einatmen? Die meiste Zeit tun wir das, ohne darüber nachzudenken. Das ist die „normale Atmung“, bei der jedes Ein- und Ausatmen passiv ist und nahtlos ein- und ausfließt. Aber bei einigen Aktivitäten, wie z. B. Pilates, kann eine kontrollierte und achtsame Atmung erhebliche Vorteile für Körper und Geist haben.

Was ist der Unterschied zwischen der Pilates-Atmung und der Yoga-Atmung?

Die Yoga-Atmung konzentriert sich auf die Einatmung und die so genannte Zwerchfellatmung. Dabei atmest du tief ein und ziehst die Luft bis in deinen Bauch, bis du spürst, wie sich dein Bauch ausdehnt. Diese Zwerchfellatmung soll ein entspannendes Gefühl in der Körpermitte erzeugen.

Bei der Pilates-Atmung atmest du ganz normal durch die Nase ein. Statt den Atem in den Bauch zu ziehen, ziehst du ihn in den Brustkorb und dehnst die Rippen seitlich aus. Beim Ausatmen versuchst du, durch deinen Mund auszuatmen. Dr. Gillian Hatfield, eine außerordentliche Professorin für Kinesiologie und Pilates-Trainerin, erklärt: „Es ist zwar kein kraftvolles Ausatmen, aber es erfordert ein bisschen Anstrengung und Konzentration. Stell dir vor, du würdest durch einen Strohhalm ausatmen.“ Wenn du so atmest und dich auf die Ausdehnung des Brustkorbs konzentrierst, beanspruchst du deine Bauchmuskeln sowohl beim Einatmen als auch beim Ausatmen.

ZUSAMMENGEFASST: Bei der Yoga-Atmung geht es darum, tief in den Bauch zu atmen und die Bauchmuskeln zu entspannen. Bei der Pilates-Atmung geht es darum, die Bauchmuskeln zu aktivieren.

Warum ist die Pilates-Atmung nützlich?

Normalerweise entspannen sich unsere Muskeln, wenn wir ausatmen, aber wenn du die Pilates-Atmung anwendest und dich auf das Ausatmen durch den Mund konzentrierst, kannst du sicherstellen, dass die Bauchmuskeln aktiviert bleiben. Forscher haben das getestet, indem sie eine Gruppe von Trainierenden dieselben Pilates-Übungen machen ließen, während sie normal atmeten und dann, während sie die Pilates-Atmung machten. Sie fanden heraus, dass die Pilates-Atmung zu einer höheren Muskelaktivierung in den Bauch- und Rückenmuskeln führt.

Die Konzentration auf die Atmung trägt wahrscheinlich auch zur beruhigenden Wirkung von Pilates bei. „Du konzentrierst dich auf die Bewegung und den Atem, also musst du alles andere loslassen. Es ist eine Auszeit vom Alltagsstress und das ist es, was dich zur Ruhe kommen lässt“, so Gillian. Sie ergänzt, dass Forschende untersucht haben, wie Pilates die Herzfrequenzvariabilität – ein Maß für die Belastung des Nervensystems – beeinflusst, und herausgefunden haben, dass schon 12 Wochen Pilates spürbare Verbesserungen bringen können. Die Studie zeigt, dass diejenigen, die dreimal pro Woche Pilates machten, eine höhere Herzfrequenzvariabilität hatten, was darauf hindeutet, dass sie besser in der Lage sind, ihr Nervensystem zu regulieren und mit Stress und Ängsten umzugehen.

Atemarbeit bringt auch mehr Bewusstsein für die Art und Weise, wie du dich bewegst - das kann dir helfen, dich sicherer zu bewegen und das Verletzungsrisiko zu verringern. „Wenn du langsam atmest und fünf Sekunden ein- und fünf Sekunden ausatmest, hilft dir das, dich langsam zu bewegen und ermutigt eine kontrollierte Bewegung, anstatt dich auf deinen Schwung zu verlassen“, fügt Gillian hinzu. Für Pilates-Trainerin Summer Bradley helfen die Pilates-Atemtechniken dabei, sich kontrollierter zu bewegen und bei all ihren Workouts effektiver zu trainieren. „Das kontrollierten Bewegungen geben mir die Zeit, meine Ausrichtung zu korrigieren und haben meinen Core und meine Gesäßmuskulatur gestärkt.“

Und die Vorteile gehen über das Training hinaus. Gillian erklärt: „Wie viele Menschen neige ich dazu, den Atem anzuhalten, wenn ich mich gestresst oder ängstlich fühle. Pilates hat mir geholfen, mir meiner Atmung bewusster zu werden und zu erkennen, wie ich mit der Atmung meine Stimmung, Energie und Emotionen beeinflussen kann.“

ATMEN AUF DIE PILATES-ART

Es kann schwierig sein, Atmung und Bewegung zu koordinieren. Konzentriere dich zunächst auf die Übung, führe ein paar Wiederholungen aus und konzentriere dich dann auf die Atmung.

  1. Atme normal durch die Nase ein
  2. Lenke deinen Atem auf die Seiten deiner Rippen.
  3. Atme durch den Mund aus
  4. Setze deinen Atem so ein, dass du beim schwersten Teil der Bewegung ausatmest (damit du deine Körpermitte während des schwersten Teils der Übung anspannst).

Dr. Gillian Hatfield

Dr. Gillian Hatfield ist Lehrende und Forscherin für Biomechanik und Sportverletzungen und hat einen Hintergrund in Physiotherapie. Sie ist auf Biomechanik und Muskelaktivierungsmuster spezialisiert und interessiert sich besonders für die Auswirkungen von Trainingsmaßnahmen. Dr. Hatfield ist nicht nur außerordentliche Professorin für Kinesiologie an der kanadischen University of the Fraser Valley, sondern auch zertifizierte Les Mills Instruktorin.