Es gibt eine Situation, die ich nie vergessen werde. Es war 2012, und ich war gerade von Großbritannien nach Neuseeland gezogen, wo mich Masterclass Presenter Will Pritchard als mein BODYPUMP Mentor unter seine Fittiche nahm. Ich hatte das Programm bereits vier Jahre lang unterrichtet, war also relativ erfahren, aber neben Will auf der Bühne zu stehen setzte mich ziemlich unter Druck. Beim Team Teach in seinem vollen Montagabendkurs fühlte ich mich wie eine Hochstaplerin. Ich hatte das Gefühl, nicht gut genug zu sein, um mit ihm zu unterrichten – und das machte mich fertig.
Schon Tage vorher begann ich, mich zu stressen. Und am Montagmorgen war ich völlig durch den Wind. Am Ende lief es doch immer gut, aber eines Tages unterrichtete ich den Rücken-Track und plötzlich war es, als würde mein linker Arm komplett versagen. Ich wollte Clean & Presses machen, aber meine linke Seite fühlte sich an wie Pudding. Ich konnte hören, wie Will mich ermutigte, weiterzumachen, aber ich war in einem Albtraum gefangen, sah das Meer von Gesichtern vor mir und fühlte mich wie die größte Versagerin auf Erden. Ich weiß nicht mehr genau, wie es weiterging, aber ich glaube, ich musste die Stange ablegen und den Rest coachen, weil ich das Gefühl hatte, dass mein Körper versagt hatte. Der Druck, den ich mir mental gemacht hatte, hatte sich körperlich manifestiert.
ERSTARREN BEI STRESS
Unter Druck zu erstarren ist ein Phänomen, bei dem eine Person regelrecht „einfriert“ und nicht in der Lage ist, zu handeln und Leistung zu erbringen, wenn es darauf ankommt – obwohl sie die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse besitzt. Dies geht oft mit Ängsten, Selbstzweifeln und einer gesteigerten Selbstwahrnehmung einher, was zu einem Leistungsabfall führt.
Wenn wir erstarren, reagiert unser Körper so, als wären wir einer echten Bedrohung ausgesetzt. Im Kursraum kann das so aussehen, dass wir uns vor dem Urteil der Teilnehmenden oder anderer Instruktor*innen fürchten, die Choreografie vergessen, wichtige Coaching Cues verpassen oder uns Sorgen machen, körperlich nicht fit genug zu sein.
Bei starkem Stress schaltet unser Körper in den Flucht- und Kampfmodus und flutet den Körper mit Stresshormonen wie Cortisol und Adrenalin. Infolgedessen kann es sein, dass deine Herzfrequenz steigt und du eine verstärkte Atmung und Schweißausbrüche (mehr als normal) erlebst. Auch unser Arbeitsgedächtnis kann beeinträchtigt werden, sodass es schwierig wird, Informationen zu verarbeiten und Entscheidungen zu treffen. In der Praxis kann das bedeuten, dass du die Choreografie oder dein Coaching für eine Übung vergisst.
Für uns als Instruktor*innen gibt es Zeiten, in denen wir anfälliger für „Aussetzer“ dieser Art sind. Zum Beispiel, wenn neue Releases erscheinen, wir andere beim Unterrichten vertreten, ein neues Programm zum ersten Mal unterrichten oder mit anderen Instruktor*innen auf der Bühne stehen, von denen wir uns eingeschüchtert fühlen. Les Mills Ambassador Marlon Woods erinnert sich an ein Erlebnis beim Masterclass Filming:
„Wenn du selbst noch nicht bei einem Masterclass-Filming auf der Bühne warst, kannst du dir den Druck, den Stress, die Angst und die Sorgen nicht vorstellen. Du bist schon die ganze Woche gestresst. Wenn du am Montag beim Rehearsal etwas vermasselst, kannst du es am Dienstag wieder in Ordnung bringen. Aber dann vermasselst du am Mittwoch etwas anderes, und das Filming am Freitag rückt immer näher. Und dann stehst du plötzlich vor den Kameras und dem Licht und all den Leuten...hast das Gefühl, nicht mal mehr zu wissen, wie du aufrecht stehen sollst. Im Ernst, während der gesamten ersten Hälfte des Oberkörper-Warmups von BODYCOMBAT 82 hatte ich Panik, gleich umzufallen.
WELCHE STRATEGIEN KANNST DU ANWENDEN?
Das Problem mit dem Erstarren ist nicht nur der Schrecken im Moment, sondern kann auch langfristige Auswirkungen auf dein Selbstvertrauen als Instruktor*in haben. Wir haben hier ein paar Strategien, die dir helfen, mit Druck umzugehen und auch in Stresssituationen auf deine Leistungsfähigkeit zurückzugreifen. Hier sind die sechs Top-Tipps:
- LERNE DEINE CHOREOGRAFIE GRÜNDLICH
Wenn du die Choreografie sicher beherrschst, hast du schon einen wichtigen Schritt getan. Wenn du dir den Kopf darüber zerbrechen musst, ob du den musikalischen Wechsel im Squat verpasst, ist dir Wahrscheinlichkeit höher, dass dich Selbstzweifel einholen oder du in Stress gerätst.
„Ich habe da eine tolle Stressübung“, sagt Justin Riley, Trainer aus Großbritannien. „Hier spiele ich das Masterclass-Material ab und blende die Stimmen der Presenter*innen aus. Dann tue ich so, als würde ich selbst unterrichten. Ich bewege mich zur Musik und coache laut. Im Hintergrund habe ich aber die Geräuschkulisse aus Alltagssituationen, die mich ablenken könnten, wie unseren Hund, den Fernseher oder Familienmitglieder, die mir Fragen stellen. So kann ich feststellen, wie gut ich den Track wirklich schon beherrsche. Wenn ich mich bei all dem, was im Hintergrund passiert, nicht ablenken lasse, dann habe ich es geschafft! Andernfalls schaue ich mir das Masterclass-Material an und komme wieder auf den richtigen Weg. Dann mache ich dieselbe Übung noch einmal und korrigiere den Teil, wo ich „herausgeflogen“ bin. Dieser Ansatz macht das Üben zu Hause noch realistischer.“
„In einer Live-Class-Situation gibt es immer Ablenkungen oder Momente, in denen du spontan angesprochen wirst, die deine Aufmerksamkeit vom reinen Unterrichten der Choreografie ablenken. Es ist leicht, sich nur auf die Musik und die Bewegungen zu konzentrieren, was dir ein falsches Gefühl von Sicherheit geben kann, dass du die Choreo gut genug gelernt hast, um auch für Ablenkungen und Unerwartetes gewappnet zu sein.“
- VISUALISIERE DEINEN ERFOLG
Visualisierung ist ein kraftvolles Werkzeug, das dir helfen kann, dich in der bevorstehenden Class sicherer zu fühlen. Studien haben ergeben, dass angehende Ärzt*innen sich sicherer fühlten und bessere Leistungen erbrachten, wenn sie sich mit Hilfe von Bildern auf medizinische Eingriffe vorbereiteten.
Stell dir deinen besten Kurs vor – du kennst die Choreografie zu 100 Prozent, dein Coaching ist auf höchstem Niveau und deine Mitglieder haben die beste Zeit ihres Lebens. Stell dir das Szenario so detailliert wie möglich vor – mit all deinen Sinnen. Höre die Musik aus den Lautsprechern, spüre das Mikrofon an deiner Wange, sieh deine Mitglieder vor dir. Auch das Schreiben von Affirmationen kann hilfreich sein. Zukünftige Aussagen wie „Ich habe meinen BODYCOMBAT Kurs gerockt“, „Ich habe meine Choreografie perfekt präsentiert“ oder „Meine Mitglieder haben sich gesehen gefühlt“ können dein Selbstvertrauen stärken und dir helfen, im richtigen Moment zu performen.
- TRAU DICH, DICH ZU ZEIGEN
Als ich anfing, in Les Mills Studios in Neuseeland zu unterrichten, war ich sehr schüchtern und wollte von den Mitgliedern eigentlich gar nicht gesehen werden. Ein anderer Instruktor, der mein Mentor war, ermutigte mich immer wieder, weiter vorne auf der Bühne zu stehen und mich zu zeigen. Das ist etwas, was ich auch bei anderen neuen Instruktor*innen bemerkt habe – wir fühlen uns unwohl und würden uns am liebsten verstecken. Es kann sich seltsam anfühlen, in der ersten Reihe zu stehen, aber es wird automatisch das Vertrauen der Mitglieder in dich stärken.
Wenn du – so wie ich – klein bist, gibt es noch andere Tricks, mit denen du dir deinen eigenen Raum schaffen kannst. Mir wurde geraten, mich an Lisa Osborne zu orientieren, die mir als die „Königin darin, sich größer zu machen, als sie ist“ beschrieben wurde. Die Bühne im „Studio 1“ von Les Mills Auckland City ist riesig und kann dir Angst einjagen, wenn du nicht selbstbewusst bist. Monatelang beobachtete ich, wie Lisa ihre Stimme, ihre Armlinien und die Art, wie sie sich auf der Bühne bewegte, einsetzte, um den Raum mit ihrer Energie zu füllen.
- BREATHWORK: ATMUNG ALS WERKZEUG
Breathwork, also die bewusste Verbindung und Arbeit mit dem eigenen Atem, erfreut sich dank Meditations-Apps und Büchern wie „Breath/Atem“ von James Nestor immer größerer Beliebtheit. Wenn du dich vor dem Unterrichten ängstlich fühlst, kann dir das Üben von kontrollierten Atemtechniken helfen, den Druck der Situation zu bewältigen.
„Einer der größten Vorteile einer regelmäßigen Atempraxis ist, dass wir lernen, unser Nervensystem zu beruhigen, was uns hilft, jede andere lebenswichtige Funktion im Körper zu regulieren“, sagt BODYBALANCE Presenter Fraser Beck. „Wenn wir übermäßig gestresst oder angespannt sind, wird der Sympathikus aktiviert – der Teil unseres Nervensystems, der die körperliche Leistungsfähigkeit steigert. Im Gegensatz dazu wird unser Parasympathikus aktiviert, wenn wir uns in einem Zustand der Ruhe, Entspannung und Innenkehr befinden.“
Wenn du vor dem Unterrichten aufgeregt und angespannt bist, versuche einen ruhigen Ort zu finden (und wenn es die Toilette ist!), an dem du dir ein paar Minuten Zeit nehmen kannst, um ruhig zu atmen, bevor du in die Class gehst.
- ROUTINE VOR DEM UNTERRICHTEN
Ein Ritual vor dem Unterricht kann uns in die richtige Stimmung versetzen und unserem Körper signalisieren, dass es Zeit ist, Leistung zu erbringen.
„Starker schwarzer Kaffee tut's auch!“, sagt Glen Ostergaard. „Ein Workout vor der Class hilft mir, in die richtige Stimmung zu kommen – etwas Stretching und Kettlebell Swings sind perfekt, um die hintere Muskelkette zu aktivieren...oder Snatches und Cleans kurz vor BODYPUMP. Eine Runde Laufen vor RPM bringt das Herz-Kreislauf-System in Schwung. Und was nie fehlen darf: Ein doppelter Espresso!“
- DAS RICHTIGE MINDSET
Wenn eine Class mal nicht so gut läuft, dann halte dir immer vor Augen, dass das den Besten von uns passiert und es kein Weltuntergang ist. Denk an die Classes, die in der Vergangenheit gut gelaufen sind, und an deine Stärken als Coach. Anstatt die Class als Katastrophe abzuschreiben, betrachte sie als Chance und überleg dir: Was ist passiert ist und was kannst du daraus lernen? Creative Director Kylie Gates erklärt, wie sie in ihrer Mitte bleibt:
„Ich frage mich immer wieder: Was lief heute besonders gut? Und was nicht? Was hat mir heute Freude gemacht und wo habe ich noch Verbesserungspotenzial? Dich selbst zu reflektieren ist ein großartiges Werkzeug, um täglich das Beste aus dir herauszuholen. Früher gab es für mich nur Schwarz oder Weiß – gut oder schlecht. Und wenn etwas schief ging, war mein Tag gelaufen. Heute habe ich eine ganzheitlichere Sichtweise und suche nach dem Positiven in meinen Erfahrungen.“