In den Sommermonaten wirke ich an einem LGBTQ+ Musik-Sommercamp namens QORDS mit: Queer Oriented Radical Days of Summer. QORDS wurde gegründet, um jungen Queer- und Transmenschen zu helfen, sich durch Musik in ihrer Gemeinschaft auszudrücken und für soziale Gerechtigkeit einzustehen. Es ist großartig, ein Teil davon zu sein.
Mein Tag beginnt in der Regel mit einem Workout um 5.30 Uhr: entweder eine Radtour durch die Hügel im Westen North Carolinas (USA) oder eine Joggingrunde um den Universitätscampus. Dann ist es Zeit, die Campteilnehmer zu wecken. Manche brauchen etwas länger, um wach zu werden – die wecke ich zuerst. Dann dusche ich und ziehe mich an, bevor ich die zweite „Weckrunde“ beginne – manchmal muss ich die Teilnehmer ein bisschen antreiben, damit sie das Frühstück nicht verpassen. Im Camp pünktlich bei allen Veranstaltungen zu sein ist oft gar nicht so leicht. Da ich Frühaufsteher/in bin, übernehme ich es gerne, die anderen zu wecken. Zum Frühstück gibt es Eier in diversen Zubereitungsarten und jede Menge Kaffee – den braucht man, wenn man den ganzen Tag mit Teenies Musik macht.
Als Musiker/in und Musikpädagog/in ist meine Rolle im Camp der „Band-Coach“. In der Regel teilen wir die Teilnehmer in drei oder vier Bands auf und ein typischer Tag besteht aus Frühstück, einer Morgenrunde (Begrüßung, Singen des „Camp-Lieds“, wichtige Ankündigungen, ...), einem Workshop und Bandproben. Wenn ich nicht gerade einen Workshop leite, kann ich mich auf meine anderen Aufgaben konzentrieren: die Bandproben leiten und den Teilnehmern helfen, einen eigenen Song für die Aufführung am Ende der Woche zu schreiben.
Nach dem Mittagessen haben die Kids eine Stunde frei, in der sie mit den Betreuern Basketball spielen oder draußen lesen. Danach folgt der zweite Workshop des Tages und eine weitere Bandprobe.
Ich identifiziere mich als queer und nicht-binär (Pronomen: they/them). Diese Identität, zusammen mit der Tatsache, dass ich aus Puerto Rico stamme, hat einen erheblichen Einfluss darauf, wie ich die Welt erlebe. Wenn ich zu Hause bin, unterrichte ich sechs Gruppenfitnesskurse pro Woche und stelle die Class immer mit meinem Namen, meinen Pronomen und dem, was ich unterrichten werde, vor – was natürlich nicht der Norm entspricht. Obwohl ich bei jeder Class erkläre, dass ich mit den Pronomen „they/them“ angesprochen werden möchte, verwenden die meisten Kursteilnehmer noch immer die weiblichen Pronomen, um mich zu beschreiben. Da haben wir noch einen langen Weg vor uns.
Auf QORDS stieß ich durch einen Flyer, den jemand am Arbeitsplatz einer Freundin ausgelegt hatte. Das war im Jahr 2014. Sie rief mich an und fragte, ob ich von diesem LGBTQ+ Musikcamp wüsste. Ich hatte gerade angefangen, Orchesterunterricht an öffentlichen Schulen zu geben und mich im Jahr zuvor als queer geoutet, also dachte sie, dass mich das interessieren könnte. Im folgenden Jahr begann ich, ehrenamtlich im Vorstand des Camps mitzuarbeiten.
Nach dem Abendessen bieten wir Workshops oder Seminare zu einer Reihe von Themen an, zum Beispiel Vorurteile und Rassismus, Selbstfürsorge, visuelle Kunst, positive Kommunikation mit unserem Körper („Bodytalk“), LGBTQ+ Musikgeschichte, Slam-Poetry, die Geschichte der Regenbogenfahne oder Jugendorganisation und Proteste. Wir beenden den Tag mit einer Abendaktivität wie Queeraoke (wie Karaoke, aber mit queeren Menschen), einer Open Mic Night, einer Tanzparty oder einem Lagerfeuer. Dann beginnt die Abendroutine: Duschen im Waschhaus, wichtige Medikamente einnehmen und ab ins Bett!
Die Kreativität und die Wahrhaftigkeit, die diese jungen Menschen in ihre Musik einfließen lassen, rührt mich jeden Sommer wieder zu Tränen. Als queere und/oder Transmenschen verbringen wir unser „normales“ Leben oft als die „einzige“ queere oder Transperson in unserem Umfeld: Bei mir ist das oft so – und als BIPoC (Black, Indigenous, and People of Color) ist es doppelt so schlimm. QORDS gibt mir jedes Mal neue Luft zum Atmen. Das Camp hat klargemacht, dass ich nicht so sein muss, wie es mir vorgeschrieben wird. Jeder Sommer, den ich fernab von meinem normalen Leben verbringe, macht mir bewusst, welche Dinge ich künftig nicht mehr hinnehmen möchte. Die Arbeit mit queeren und transsexuellen Jugendlichen – mit ihnen in einem geschützten Raum verletzlich zu sein – schafft die schönsten und radikalsten Momente.
WEISE WORTE
Der beste Rat, den ich zum Unterrichten bekommen habe
Passe deine Layer 3 Cues so an, dass sie du niemanden damit ausschließt oder verletzt. Wenn ich meine Kursteilnehmer motiviere, beziehe ich mich nie auf ihr Aussehen oder Geschlecht. Bei mir wirst du Dinge wie „Bikini-Figur“, „Auf geht‘s, Ladies“ oder „trainieren wir uns die Weihnachtspfunde ab“ nicht hören. Wir sind mehr als das – Aussagen wie diese können Menschen, die anders aussehen oder nicht-binär sind, verletzen.
Was ich beim Unterrichten über mich selbst gelernt habe
Da ich von Natur aus eher introvertiert bin, hat mir das Unterrichten geholfen, meine Stimme zu finden. Und was noch viel wichtiger ist: Ich erhebe diese Stimme jetzt – für mich und für andere. Manchmal fällt es mir immer noch schwer und ich hadere mit mir, ob ich andere korrigieren soll oder nicht (besonders, wenn es um die Verwendung der richtigen Pronomen geht). Aber wie bei jedem Pedaltritt oder jeder Wiederholung wird es immer leichter, und ich werde immer stärker.
Was ich als frischgebackener Instruktor gerne gewusst hätte
Irgendwann wird sich die Nervosität legen und du wirst einfach nur noch Freude am Training mit anderen haben.
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