Hey Sebastian! Du hast einen Vollzeit-Job und bist „nebenbei“ international gefragter Presenter. Man könnte meinen, du hast mehr als 24 Stunden am Tag, wie bekommst du das alles unter einen Hut?
Haha, manchmal wünschte ich mir das auch! Ich bin sehr dankbar über meinen Job, denn ich habe sehr viel Flexibilität, die ich mit meinen Buchungen als Presenter vereinbaren kann. Ich kann das in meinen tag integrieren. Das ist nicht einfach und ich kann das machen, weil ich Les Mills als Arbeitgeber habe. Ich glaube mit einem anderen Arbeitgeber wäre es nicht so einfach. Wenn ich viele Anfragen habe und viele Events hatte, versuche ich mir danach Auszeiten zu nehmen, um runterzukommen.
Deine Energie ist immer absolut krass. Wie schaffst du das?
Menschen bekommen von mir entweder nichts oder 100 % Sebastian. Vor 11 Jahren war ich Teilnehmer in einem Kurs und weiß aus eigener Erfahrung, was Teilnehmende von Instruktor*innen im Kursraum brauchen. Manche kommen in den Kurs, weil sie einen schlechten Tag haben, weil sie aus ihrem Alltag fliehen oder einfach eine gute Zeit haben wollen. Und deswegen weiß ich, welche Verantwortung ich habe: den Personen, die vor mir stehen, das beste Erlebnis zu bieten, mit all meiner Energie.
Und Training ist nicht nur körperlich, sondern mental. Deswegen passe ich mein Coaching darauf an, um meinen Teilnehmer*innen auch das richtige Mindset für ihr Training mit auf den Weg zugeben, sich selbst zu fragen, was sie heute brauchen, sodass sie das Beste aus der Class mit mir rausholen können.
Ich habe mir außerdem viel von meiner Mutter abgeschaut. Sie versprüht immer gute Laune. Ich weiß, dass es in ihr manchmal anders aussieht, aber sie möchte einfach positive Energie mit den Menschen teilen, denn wenn wir es teilen, haben wir mehr davon. Das bedeutet nicht, dass wir keine schlechten Tage haben dürfen, aber dazu später noch mehr.
Meine unerschöpfliche Energiequelle…
…sind letztendlich meine Kurse, in denen ich immer Energie zurückbekomme, besonders bei Dance Classes. Letztens hatte ich einen wirklich schlechten Tag und mein Energie-Level war am Tiefpunkt. Ich hatte viele unsichere Gedanken und wollte mich eigentlich nur verkriechen und meine Class an dem Abend absagen. Mein Mann hat mich dann ermutigt zu unterrichten, denn er weiß, was das mit mir macht. Ich habe auf ihn gehört, stand in der Class, und es waren wirklich nur einige wenige Leute da. Aber sobald die Musik an war, war die Energie in dem Raum so hoch und hat mich einfach mitgerissen! Endorphine machen so viel aus, besonders beim Tanzen. Die Musik, die Bewegung und zu sehen, wie die Teilnehmer alles mit mir raustanzen – das ist mein bestes Mittel gegen einen schlechten Tag!
Wann und wie nimmst du dir in deinem vollen Kalender Auszeiten?
Generell nutze ich die Zeit, in der keine Events stattfinden und ich nicht arbeite für mich, meinen Mann Andres und meine Freunde. Wenn ich viel auf Events unterwegs bin, versuche ich mir abends Zeit für mich zu nehmen, um meine Gedanken zu sortieren und mich selbst zu fragen, wie es mir geht. In dieser Zeit gucke ich nicht auf mein Handy und fokussiere mich zu 100 % auf das, was ich tue, egal ob es eine gemeinsame Kochsession, ein Spazierganz oder ein Film ist.
Dennoch weiß ich auch, dass ich mir in meinem aktuellen Pensum noch nicht genug Auszeiten nehme. Ich neige dazu ein People Pleaser zu sein und anderen gerecht zu werden, bevor ich auf mich selbst achte und deswegen arbeite ich hart daran, meine Grenzen zu setzen und mir aktiv Zeit für mich einzuräumen – und ich werde immer besser darin!
Gab es Momente, die dich an deine Grenzen gebracht haben und wie bist du damit umgegangen?
Das letzte Jahr war einfach wow, es ist so viel passiert und es hat sich so viel verändert. Besonders seit dem Filming in Los Angeles sind bei mir sehr viele Anfragen für Events eingegangen. Ich bin ein sehr visueller Mensch und deswegen hilft mir meine Kalenderübersicht, um mich zu organisieren und auf einen Blick zu sehen, wie voll meine Woche oder mein Monat wird und auch, wann meine nächste längere Auszeit ist, wie zum Beispiel ein Urlaub oder ein langes Wochenende. Und zwischen diesen längeren Auszeiten teile ich mir meine Energie ein. Das ist ein anhaltender Lernprozess und manchmal klappt das besser und manchmal schlechter, aber ich lerne jeden Zag dazu. Ich habe außerdem über mich gelernt, dass ich starke körperliche Reize brauche, um ganz zu mir selbst zu kommen und deswegen ist mir mein eigenes tägliches Training heilig, weil es mir hilft, klaren Kopf zu bewahren. Und natürlich habe ich den besten Ehemann und tolle Freunde, die mir gute Fragen stellen, wenn meine Gedanken mich mal übermannen.
Mittlerweile kenne ich die Anzeichen meines Körpers und meines Verhaltens, die mir sagen, dass bald an meine Grenzen komme. Es ist beeindruckend, was dein Körper und deine Gefühle dir sagen, wenn du zuhörst. So lerne ich immer besser zu erkennen, wann genug ist und wann es Zeit ist, ein bisschen Geschwindigkeit rauszunehmen. Wenn ich zum Beispiel in Gedankenkarussells festhänge und schwer einschlafen kann, dann weiß ich: ‚Sebastian, es ist Zeit für ein bisschen chillen und Me-Time‘.
Was sind deine Routinen und Strategien, mit denen du dich zur Ruhe bringst?
Ich schreibe mir alles auf, um es nicht in meinem Kopf zu haben. Und ich meine wirklich ALLES! Jede Kleinigkeit: was ich posten muss, wen ich noch anrufen muss und was ich noch vorbereiten oder organisieren mus. Meine To-Do-Listen sind mein Leben, haha.
Ich bin gewissermaßen ein kleiner Kontroll-Freak, weil mir das hilft, mein Leben zu organisieren und meinen Kopf frei zu halten. Gute Organisation gibt mir ein gutes Gefühl. Routinen sind dabei ein großer Teil und super wichtig für mich, um leistungsfähig zu bleiben. Dabei lerne ich aber immer noch, auf meinen Körper zu hören. Denn auch, wenn meine Routinen mir helfen, gibt mir mein Körper manchmal andere Signale, auf die ich mehr und mehr lerne zu hören. Ich habe zwar die Fähigkeit und die Disziplin, mich immer an meine Grenzen und darüber hinaus zu pushen, aber ich habe gelernt, dass, nichts Gutes passiert, wenn ich immer Vollgas ohne Pause gebe. Deswegen habe ich mir zum Beispiel angewöhnt, in Situationen, in denen ich eine Anspannung fühle, kurz aus der Situation rauszugehen, spazieren zu gehen oder in Ruhe einen Kaffee zu trinken, um mich wieder zu sammeln und meine Energie zu kanalisieren.
Zwei Dinge helfen mir dabei in meinem Alltag: Zum einen die Erinnerung meiner Smartwatch, einfach mal eine Minute lang nur zu atmen und zum anderen, eine Spotify Playlists mit relaxing Music. Im Kontrast zu der High-Energy Musik in meinen Workouts und Classes, gibt mir diese Playlist das Signal, Tempo rauszunehmen und zur Ruhe zu kommen.
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Was ist deine größte Motivation bei all dem und dein WHY, warum du das tust?
Kurz gesagt: Weil ich es liebe. Ich lebe gerade meinen Traum, den ich habe, seitdem ich ungefähr 15 Jahre alt war und das erste Mal an einer BODYCOMBAT Class teilgenommen habe. Seitdem habe ich mir gewünscht, irgendwann das zu erreichen, was ich jetzt mache: als Presenter auf den Bühnen dieser Welt die Menschen mit meiner Energie zu begeistern.
Meine Intention dabei ist tatsächlich nicht der People Pleaser zu sein, sondern mich selbst stolz zu machen und das bin ich wirklich – jeden Tag mehr. Ich habe so viel an mir gearbeitet und dafür gekämpft, obwohl ich wusste, dass es nicht einfach wird.
Ich werde auch immer wieder gefragt, warum ich das mache, warum ich mich so einem hohen Arbeitspensum aussetze und Menschen sagen mir, dass ich damit nicht reich werde. Aber ich bin reich, denn ich liebe mein Leben, das was ich mache und ich liebe es besonders, dass ich mit so tollen Menschen zu tun habe. Menschen, die mich inspirieren, mich ermutigen noch mehr über mich hinauszuwachsen, bei denen ich 100 % Sebastian sein kann, die aber gleichzeitig auch auf mich Acht geben.
Was mich außerdem sehr motiviert ist, dass ich als Presenter eine wachsende Plattform habe, um Menschen positiv zu beeinflussen, mehr Bewusstsein für bestimmte Themen zu schaffen, Leute dazu zu ermutigen, authentischer zu sein und die Welt ein kleines bisschen besser und bunter zu machen. 💚
Was war das größte Learning für dich bis jetzt?
Eines meiner größten Learnings war, dass es so viel Bias in der Welt gib und dass auch ich mich nicht davon ausschließen kann. Ich dachte immer, ich bin super offen und respektvoll, und das ist auch so, aber letztendlich hat jeder Mensch seine Erfahrungen gemacht und seine eigene Geschichte, die zu bestimmten (unbewussten) Vorurteilen führt. Und das ist okay, denn entscheidend ist, wie du damit umgehst.
Ein weiteres großes Learning war, dass Menschen nicht immer das sind, was du von ihnen siehst – sondern viel mehr! Les Mills Instruktor*innen sind Künstler*innen, Entertainer*innen und wir performen. Bei all den tollen Menschen, die Glanzleistungen auf der Bühne bringen, um andere zu begeistern, habe ich gelernt, meine Aufmerksamkeit darauf zu richten, was hinter der jeweiligen Fassade steckt, um noch all die anderen bunten Facetten zu sehen, die in der Perfomance nicht zu sehen sind. Egal, ob es nun um eine Person geht, die auf der Bühne steht oder dich im Alltag umgibt: Es lohnt sich, die Zeit zu investieren, hinzuschauen!
Ähnlich, wie meine Mama, die sich entscheidet, ihre positive Energie mit ihren Freunden und Familie zu teilen, entscheiden wir uns als Presenter*innen auch dafür, unser Bestes auf die Bühne zu bringen, um den Teilnehmer*innen ein unvergessliches Fitnesserlebnis zu bieten. Aber das ist eben nur ein Teil von uns und nicht komplette Realität und deswegen habe ich gelernt, ab von der Bühne andere Fragen zu stellen, um die anderen Facetten eines inspirierenden Menschen hervorzulocken. Menschen strugglen, und das ist okay, und wenn wir mehr darüber sprechen und offener damit umgehen, können wir gemeinsam mehr Authentizität in die Welt bringen.
Wie unterscheiden sich Classes und deine Vorbereitung von deiner wöchentlichen Class in Hamburg zu einem Masterclass Filming.
Generell ist ein Filming komplett außerhalb meiner normalen Alltags-Routine.Es ist eine komplett neue Release und ich filme mich oft, um an meiner Technik zu feilen. Wir haben einigeVorbereitungs- und Feedback-Calls, die durch die Zeitverschiebung immer sehr früh morgens oder abends sind, was meine Arbeitstage natürlich lang und intensiv macht. Bei einem Filming muss ich vorher viel mehr überlegen, was und wie ich etwas sage, weil dieses Video von Menschen auf der ganzen Welt gesehen wird. Es muss für alle relevant sein, sodass sie sich damit identifizieren können und im besten Fall davon inspiriert und motiviert werden.
Außerdem habe ich in der Vorbereitungszeit immer 3 Releases pro Programm im Kopf:
- Die aktuelle Release, die ich in den Studios unterrichte
- Die kommende Release, die ich z.B. auf Les Mills Conventions unterrichte
- Die Filming-Release
Meine Classes in Hamburg gehören zu meiner Alltags-Routine: Ich weiß, welche Menschen in meinen Classes sind, kann viel intensiver und persönlicher in meinem Coaching auf sie eingehen und ihnen dementsprechend ein individuelleres Erlebnis bieten und sehe die Steigerung vom Anfang einer Release bis zum Ende der 3 Monate, bis die nächste Release startet – und das ist einfach richtig cool!
Was würde andere überraschen, was sie noch nicht von dir wissen?
Das soll jetzt nicht negativ klingen, aber wenn ich lächle, bedeutet das nicht automatisch, dass ich happy bin. Ich gebe immer 100 % und besonders als Presenter gebe ich natürlich alles, damit meine Teilnehmer*innen das beste Erlebnis von und mit mir bekommen. Aber damit Leute das wahre Gesicht mit all meinen Facetten sehen können, müssen sie hinter die Fassade schauen. Das ist nicht immer einfach, aber davon wünsche ich mir mehr in der Welt in der wir leben.
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